Kleine große Schritte von Jodi Picoult

Das Nachwort wäre besser ein Vorwort gewesen, so hätte ich mich besser auf die Lektüre einlassen können. 

Inhalt


Ruth ist Hebamme und das seit zwanzig Jahren. Sie hat schon einiges erlebt und kennt sich in ihrem Beruf sehr gut aus. Doch dann wird sie einer Patientin zugeteilt, deren Mann verlangt, dass Ruth ihren gemeinsamen Sohn nicht anfassen soll. Der Grund: Ruth ist schwarz.


Meine Meinung


Das Cover wirkt sehr nett und ich frage mich, ob es zu einem Thema über Rassismus passend ist.

Der Schreibstil von Jodi Picoult ist wirklich wundervoll. Man kann den Text sehr fließend lesen und ihre Art ist ruhig und einfach nur gut zu lesen.
Und genau das war mir manchmal etwas zu viel.
Denn leider weiß ich nicht so genau, was ich von dem Buch halten soll. Wie gesagt, vom Schreibstil her gibt es nichts auszusetzen, aber wegen dem Inhalt bin ich nie ganz so in die Geschichte hinein gekommen und konnte mich dem Buch nicht ganz hingeben.
Zunächst beginnt man mit Ruths Sichtweise und hier fing das schon ein bisschen an. Jodi Picoult ist weiß und ich habe mich so häufig gefragt, inwieweit eine weiße Frau, die noch nie miterlebt hat wie sich Afroamerikaner fühlen, inwieweit diese sich in Ruth hineinversetzen konnte.
Dazu kommt, das mir Ruths Charakter manchmal etwas zu viel gewesen ist. Klar scheint sie sehr angepasst und möchte bloß nicht auffallen, aber dadurch wirkte sie auf mich zu unterwürfig und nimmt die Opferrolle nur zu gerne an. Warum ist sie nicht wütend?
Dann wechseln wir zwischendrin zu der Sichtweise von Turk. Turk ist der rassistische Vater von dem Baby, das dann letztendlich stirbt. Und genau da ist der Knackpunkt. Diesen Verlust schreibt Jodi Picoult sehr emotional und man kann sich schon in die Eltern hineinversetzen. Wenn z.B. Turk versucht die Wiederbelebung fortzuführen und sein Kind nicht aufgeben möchte. Und da könnte man fast seinen Hintergrund vergessen. Aber möchte man das als Leser? Ich fand das sehr schwierig und deshalb fiel es mir zunehmend schwer mit der Geschichte zu verschmelzen.

Kennedy hingegen finde ich als Charakter sehr gelungen. Sie ist die weiße Anwältin und diese Rolle habe ich der Autorin am besten abgenommen. Hier hatte ich manchmal beim Lesen das Gefühl, dass sie sich auf sicheren Terrain bewegt.
Die Fakten zum Prozess der dann folgt sind wirklich sehr interessant und man bekommt einen guten Einblick in das amerikanische Rechtssystem.

Ich möchte hier nichts gegen die Idee des Buches sagen, denn diese ist durchaus sehr gut und wie oben schon erwähnt schreibt Jodi Picoult einfach gewohnt wundervoll, aber manchmal konnte ich ihr die Verhaltensweisen der Charaktere nicht so abnehmen. Ich weiß auch nicht genau warum. Es war einfach sehr schwierig für mich das Buch zu lesen.
Obwohl ich sagen muss, dass sie mich nach dem Ende schon sehr nachdenklich zurückgelassen hat und das ist auf jeden Fall wieder ein Pluspunkt. Denn sie schafft es, alles was man denkt und wie man sich verhält in Frage zu stellen und zu überdenken. Ein sehr intensives und gelungenes Ende.

Das Nachwort von ihr fällt dann auch etwas länger aus und ist durchaus aufschlussreich. Hier erfährt man nochmal etwas über ihre Recherchen und vielleicht hätte ich mir dieses zuerst durchlesen sollen, denn danach konnte ich doch einiges besser nachvollziehen. Wer weiß, ob ich das Buch mit anderen Augen gelesen hätte.


Mein Fazit


Für mich war das Buch schwierig zu lesen, denn mit einem Charakter wollte ich mich nicht so recht identifizieren und der andere Charakter kam mir manchmal etwas zu inszeniert vor. Ich konnte mich die meiste Zeit nicht richtig auf das Buch einlassen, obwohl das Ende einen doch extrem nachdenklich stimmt. Wer Jodi Picoults Schreibstil mag kommt hier wieder voll auf seine Kosten, aber wenn man etwas über Rassismus lesen möchte, sollte man vielleicht doch lieber zu einem anderen Buch greifen.

Ich bedanke mich beim Bloggerportal und dem Bertelsmann Verlag für das Rezensionsexemplar.


Lieblingszitate
„[…] Aber weißt du, was das Gute daran ist, eine Schwester zu haben? Die hast du für immer.“ (S. 161)

„[…] Der Grund, weshalb wir nicht über Rasse sprechen, ist der, dass wir keine gemeinsame Sprache sprechen.“ (S. 336)

„Wenn die letzten Monate mich eins gelehrt haben, dann, dass Freundschaft eine Nebelwand ist. Menschen, auf die du gebaut hast, erweisen sich als irrlichterndes Blendwerk, aber dann blickst du umher und stellst fest, dass es andere gibt, die ganz selbstverständlich für dich da waren und dir Halt geben.“ (S. 429)

„Es ist bemerkenswert, wie sich Ereignisse und Wahrheiten umformen lassen wie Wachs, das zu lange in der Sonne gelegen hat. So etwas wie eine Tatsache gibt es nicht. Nur die Sichtweise auf diese Tatsache im jeweiligen Augenblick. Wie man diese kommuniziert hat. Wie das Gehirn diese Tatsache verarbeitet hat. Der Geschichtenerzähler und die Geschichte sind unlösbar miteinander verbunden.“ (S. 431)

„[…] Gleichheit bedeutet, jeden gleich zu behandeln. Aber Gerechtigkeit berücksichtigt Unterschiede, sodass jeder eine Chance auf Erfolg hat.“ (S. 540)

„[…] dass es nichts Egoistischeres gibt, als zu versuchen, jemanden umzustimmen, nur weil er nicht so denkt wie man selbst. Nur weil etwas anders ist, bedeutet das nicht, dass es nicht respektiert werden sollte.“ (S. 574)

Fakten zum Buch
Autor: Jodi Picoult
Titel: Kleine große Schritte
Originaltitel: Small great things
Übersetzung: Elfriede Peschel
Verlag: Bertelsmann
Seitenzahl: 589
ISBN: 978-3-570-10237-4
Preis: 20,00 €

 

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