Die Hochhausspringerin von Julia von Lucadou

Eine wahnsinnig kontrollierte Welt, die aber nicht so weit weg scheint. Erschreckende Idee. 

Inhalt


Riva ist Hochhausspringerin, in einer Welt in der alles perfekt sein soll. Alles wird kontrolliert. Doch eines Tages hört Riva einfach auf und nun soll die Wirtschaftspsychologin Hitomi Riva dazu bringen wieder zurück zu kehren. Zum Springen, zu ihrem bisherigen Leben, zur Kontrolle.


Meine Meinung


Das Cover ist schlicht, aber gut. Mir gefallen die Farben und wie alles zusammen spielt.

Ich habe schon ein bisschen gebraucht um in die Geschichte reinzukommen, denn ich bin nunmal ein Fan von klarer Abgrenzung von wörtlicher Rede zum Rest des Textes. Das ist hier leider nicht gegeben und scheint alles in einem fast vollständigen Fließtext zu bestehen. (Es sind kleine Bindestriche, die einem die wörtliche Rede anzeigen, aber mir persönlich ist das zu wenig.)
Ansonsten erschafft Julia von Lucadou eine wie ich finde grausame Welt.
Alles wird kontrolliert, jeder Schritt, ja sogar der Schlaf. Und so fällt Riva natürlich schnell auf, denn warum will sie nicht mehr springen? Sie hat doch alles, sie konnte aus den Peripherien raus und hat jetzt einen sehr guten Creditscore. Einen angesehenen Status.

Damit kommt Hitomi ins Spiel. Denn sie soll Riva wieder dazu bringen zu trainieren. Auch ihre Handgriffe werden in jeder Sekunde überwacht und ihr Chef gibt ihr fast auf die Sekunde genau Feedback. So steigt oder sinkt ihr Mitarbeiterstatus stetig.
Beide leben in dieser kontrollierenden Welt, die schon fast etwas Voyeuristisches hat.
Die eine, Riva, die einfach aussteigen möchte und die andere, Hitomi, die das gar nicht verstehen kann.

Riva ist hierbei sehr undurchsichtig, denn wir bekommen alles nur aus der Ich-Perspektive von Hitomi erzählt. Und diese hat fast im ganzen Buch nur den Beobachtungsposten von außen.
Man fragt sich unwillkürlich, ob Riva Depressionen bekommen hat, weil ihr diese ganze Kontrolle einfach zu viel ist. Und man als Leser kann viel Verständnis für sie aufbringen, aber in ihrer „perfekten“ Welt reagieren alle nur mit Unverständnis.

Hitomi hingegen möchte nichts mehr als ihren Status zu halten oder sogar zu verbessern. Sie macht alles was man von ihr verlangt und steigert sich immer mehr in eine Art Obsession rein.
Es scheint ein Vergleich der Angepasstheit gegen eine Art Revolution zu sein.
In einer Welt, in der der Mensch, das Selbst immer mehr verschwindet und zurückweicht bleibt einfach nur noch ein Wesen, das funktionieren soll.
Aber Riva will das nicht mehr und riskiert in die Peripherien geschickt zu werden, wo die Menschen noch bei ihren Biofamilien leben und keine Möglichkeit haben etwas für die Gesellschaft zu leisten. Aber hier gibt es das, was sie scheinbar vermisst: Familie, Nähe, Menschlichkeit.
Möchte sie einfach raus aus der Stadt?

Man bekommt auch hier nur Hitomis Blickwinkel zu sehen, die die Peripherien in den schwärzesten Farben beschreibt und man ein Bild bekommt, in dem die Menschen fast wie Tiere zusammen leben.

Dieses Buch erzählt von Sprüngen, aber auch von Abstürzen. Eine für mich grausame Welt, in der jeder Moment für jeden sichtbar ist und man sich einfach nicht entziehen kann.

Das Ende ist für mich sehr passend, obwohl es auch meiner Meinung nach sehr grausig ist. Aber hier hätte ein Happy End wohl einfach nicht stimmig gewirkt.


Mein Fazit


Obwohl Riva scheinbar im Mittelpunkt steht, nimmt Hitomi als Ich-Erzählerin viel Raum ein. Alles wird aus ihrer Sicht erzählt und zeigt einem eine Welt in der alles kontrolliert wird.
Der Stil, ohne wörtliche Rede, fand ich etwas schwierig, da ich da eine klare Abgrenzung bevorzuge, aber ansonsten ist diese Dystopie großartig, grausig und das schlimme ist, diese Art von Kontrolle und Medienbeeinflussung kann man sich einfach nur zu gut vorstellen.

Ich bedanke mich bei der Lesejury und dem Hanser Verlag für das Rezensionsexemplar.


Lieblingszitate
„Wussten Sie, dass sich der chinesische Begriff für Krise aus den Schriftzeichen für Gefahr und Chance zusammensetzt? Eine Krise ist eine Chance für Veränderungen, Aston.“ (S. 51)

„[…] Egal, wie gut man etwas macht, wen es nur ein Ausfüllen der Vorstellung eines anderen ist, ist es sinnlos. Perfektionismus ist kein Kompliment. Keiner will das zugeben, aber es stimmt, Was zählt, ist Kreation.“ (S. 156)

Fakten zum Buch
Autor: Julia von Lucadou
Titel: Die Hochhausspringerin
Verlag: Hanser
Seitenzahl: 283
ISBN: 978-3-446-26039-9
Preis: 19,00 €

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Kerstin von KeJas-BlogBuch

Hallo liebe Diana,
jetzt hast du mich aber überrascht, denn obwohl ich das Cover schon ein paar mal gesehen habe, war mir gar nicht bewusst das es eine Dystopie ist. Der Inhalt hört sich gut an und wie du es so beschreibst scheint es doch sehr lesenswert zu sein. Ellenlange Fließtexte brauche ich auch nicht wirklich aber wenn es passt und ins Buch zieht kann es durchaus einen Reiz haben. Liebe Dank für deine schöne Rezension :-*
Herzliche Grüße und eine schöne Restwoche
Kerstin

Kann Kerstin einfach nur zustimmen!

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